Inhaltsverzeichnis Kurzgeschichten / Spannung

Herr des Ringes

Der Junge mit der roten Badehose stand am Ufer. Allein. Er stand immer allein da, bis zu den Fußknöcheln im Wasser und schaute über das Meer.
Seine Blicke folgten dem Gleitflug der Möwen, er beobachtete die Dünung oder die weißen Segel der Boote, die hin und wieder vorüber glitten.
Seine Mutter, deren helle Haut sich in der Sonne rötete, statt zu bräunen, saß im Schutze eines Strandkorbs und ließ den Jungen nicht aus ihren Augen. Hin und wieder trug der Wind ihre Ermahnungen über den Strand:
„Milo, geh nicht zu tief ins Wasser!“
„Zieh dein T-Shirt an, damit du keinen Sonnenbrand bekommst!“
„Milo, komm her und lass dich eincremen!“
... und ... und ... und
Doch Milo, den ich im Stillen den Träumer nannte und den ich im Verdacht hatte, dass er einst einen großen Dichter abgeben würde, blieb wo er war und blickte weiter auf die See.
Er erinnerte mich an mich selbst, als ich in seinem Alter gewesen war und meine Ferien am Timmendorfer Strand verbracht hatte: braungebrannt, sonnengebleichtes Haar, eine Spur zu hager, ein wenig stur und in sich gekehrt. Ja, vor allen Dingen in sich gekehrt!
Vielleicht ging ich deswegen eines Tages – von seiner Mutter aufmerksam aus den Schatten des Korbes beobachtet – zu ihm.
Unterwegs hob ich einige Steinchen auf, denn ich wollte dem Jungen ein Zaubertrick vorführen, an dem ich als Kind meine Freude gehabt hatte.

 

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BISHER UNVERÖFFENTLICHT.
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